Reaktion auf Annalena Müllers Kündigung
Vergangenen Donnerstag wurde kommuniziert, dass Annalena Müller als Chefredaktorin vom Pfarrblatt Bern gekündigt wurde. Auch wir haben nicht mit dieser Nachricht gerechnet.
Die Journalistin hat in den letzten Jahren überlegt, kritisch und mit viel Kompetenz über gewichtige Themen, wie den synodalen Prozess und den Umgang mit Missbrauch, berichtet. Annalena Müllers Beharrlichkeit war und ist in der katholischen Medienlandschaft dringend nötig. Dass sich der Vorstand des Pfarrblatt Bern auf diese abrupte Art von ihr trennt, ist eine böse Überraschung. Sowohl die betroffene Journalistin als auch die Redaktion haben öffentlich ihre komplette Überraschung und Konsternation über die abrupte Kündigung bekundet, das wirft aus unserer Sicht Fragen über das Mitspracherecht und die Unabhängigkeit der Redaktion auf.
Wir, die Steuergruppe der Allianz Gleichwürdig Katholisch, bedanken uns bei Annalena Müller für ihr Engagement für Transparenz in der katholischen Kirche und wünschen ihr alles Gute und spannende Möglichkeiten, um ihre journalistische Kompetenz einzusetzen. Zeitgleich blicken wir mit Sorge auf die Medien- und Kommunikationslandschaft der katholischen Kirche in der Schweiz. Wir fragen uns, wie ernst es kirchlichen Entscheidungsgremien betreffend offener Kommunikation, insbesondere über kritische Themen, ist. Nur eine informierte Basis kann sich zielgerichtet einbringen und den gewünschten Kulturwandel in der Kirche mitgestalten.
Antwort vom Präsident «pfarrblatt»-Gemeinschaft Bern, am 27.05.25
Sehr geehrte Frau Baumann
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme zur Trennung von Frau Dr. Annalena Müller, die Sie uns zur Kenntnisnahme zugestellt haben. Wir nehmen Ihre Worte mit Respekt zur Kenntnis – auch, weil sie deutlich machen, wie eng Fragen journalistischer Verantwortung mit der Zukunft kirchlicher Kommunikation verbunden sind.
Wir möchten unterstreichen: Die Entscheidung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Frau Müller wurde nicht aus inhaltlichen Gründen oder als Reaktion auf kritische Berichterstattung getroffen. Gerade in ihrer Arbeit zu Themen wie dem synodalen Prozess und dem Umgang mit Missbrauch hat Frau Müller wertvolle Beiträge geleistet. Diese journalistische Auseinandersetzung ist nicht nur legitim, sondern notwendig – und sie hat im pfarrblatt auch künftig ihren Platz.
Die Trennung erfolgte aufgrund grundlegender strategischer Differenzen sowie aufgrund eines tiefgreifenden Vertrauensverlusts, der sich im Verlauf der Zusammenarbeit ergeben hat. Auch wenn wir – aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes – keine Details nennen können, betonen wir, dass es sich hierbei nicht um einen Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit handelt, sondern um eine institutionelle Entscheidung zur Leitung und Steuerung eines lokaljournalistisch verankerten Mediums.
Die Redaktion arbeitet eigenständig weiter, und wir als Vorstand setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass das pfarrblatt ein glaubwürdiger Ort für offene kirchliche Kommunikation bleibt. Dass Sie den Fall kritisch begleiten, ist Ausdruck gelebter Verantwortung und kirchlicher Mitgestaltung. Dafür danken wir Ihnen ausdrücklich.
Sie dürfen meine Antwort gerne als Stellungnahme der «pfarrblatt»-Gemeinschaft Bern auf Ihrer Website publizieren.
Mit freundlichen Grüssen
Dyami Häfliger
Präsident «pfarrblatt»-Gemeinschaft Bern
Kommentar der Steuergruppe zur Antwort
Die Steuergruppe der Allianz Gleichwürdig Katholisch dankt dem Präsidenten der «pfarrblatt»-Gemeinschaft Bern, Dyami Häfliger, für seine ausführliche Antwort.
Die Selbstverpflichtung, dass das Pfarrblatt ein glaubwürdiger Ort für offene kirchliche Kommunikation bleiben soll und dass zentrale Themen wie Missbrauch und Synodalität weiterhin ihren Platz haben, sind gute Neuigkeiten. Die Allianz Gleichwürdig Katholisch sieht es als absolut notwendig, dass in der Kirchenlandschaft Schweiz ein kritischer und unabhängiger Journalismus gelebt wird. Eine synodale und gleichwürdige Kirche kann nur von informierten Menschen mitgestaltet und eingefordert werden.
Die Frage, die sich aufdrängt, ist, wie das Ziel der Glaubwürdigkeit vom Pfarrblatt Bern wieder erreicht werden kann. Die Kommunikation rund um die Kündigung von Annalena Müller, der Strategiekonflikt und der «tiefgreifende Vertrauensverlust» sind keine Zeichen einer glaub- und gleichwürdigen Kultur.
Mit den zur Verfügung stehenden Informationen kann die Steuergruppe der Allianz Gleichwürdig Katholisch nicht beurteilen, ob diese Kündigung legitim ist – auch ist der Steuergruppe bewusst, dass solche Personalentscheide in der Privatwirtschaft Alltag sind. Trotzdem will die Steuergruppe betonen, dass von einer kirchlichen Organisation ein menschlicheres Miteinander erwartet werden darf und muss. Das Argument des Persönlichkeits-Schutzes darf nicht das Feigenblatt für unangemessene Personalentscheide sein.
Die Allianz Gleichwürdig Katholisch wird sich weiterhin für eine glaub- und gleichwürdige Katholische Kirche einsetzen – dazu gehören auch die Kommunikation und der Journalismus in der Kirche.
Was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe die Konsequenzen gezogen. 2025 ist Schluss. Adieu.
Sehr geehrte Damen und Herren
Erst jetzt habe ich Ihren Kommentar zur Kündigung von Annalena Müller gelesen. Einem Kommentar, dem ich nur voll beipflichten kann. Auch ich habe diese Kündigung und Freistellung mit Bestürzung vernommen. Vor allem, wenn ich bei Herrn Häfliger lesen muss, dass es „grundlegende strategische Differenzen“ und einen „tiefgreifenden Vertrauensverlust“ gegeben haben soll, ohne dass irgendeine Begründung dafür gegeben wird.
Ich habe Frau Müller und ihre ungemein sachkundigen sowie kritischen Texte sehr gerne gelesen und ausgesprochen geschätzt.
In der letzten Woche hatte ich einen harten Mail-Briefverkehr mit dem neuen Chefredaktor Stefan Betschon von kath.ch gehabt, in dem es auch um Frau Müller gegangen ist und mich sehr gegen ungerechtfertigte Vorwürfe dieses Mannes auch gegen Frau Müller gewehrt habe. Es ist schon sehr ungerecht, wie mit ihr umgegangen wird. Zumal auch von dort völlig unbewiesene Anschuldigungen journalistisch gegen sie erhoben wurden.
Leider habe ich nach Ihrem Rauswurf keine aktuelle Mailadresse mehr von Frau Müller, weil ich ihr dies alles gerne zuleiten möchte. Hätten Sie vielleicht eine solche Verbindung zu ihr?! Ich wäre Ihnen dafür sehr dankbar!
Mein Name ist Thomas Schnelling, ich bin katholischer Theologe und habe bis 2018 in der Schweiz als Journalist gearbeitet. Inzwischen lebe ich wieder in Deutschland und bin Pensionär (glücklicherweise, wenn ich miterleben muss, wie beruflich in kirchennahen Medien mit kritischen MitarbeiterInnen umgegangen wird).
Herzliche Grüsse
Thomas Schnelling